Rückblick 2010

Trans|formation – 1 . Symposium 2010
Dr. Susanne Schwertfeger

Der Begriff ‚Transformation‘ als Titel des ersten Symposiums ist auf unterschiedlichen Ebenen sichtbar: So wurde z.B. nach einer über 20 Jahre andauernden Tradition erstmals nach dem Symposium das Konzept der Stadttöpferei 2013 verändert und die Stipendiendauer von zwei Jahren auf vier Wochen verkürzt. Alle ausgewählten Artists in residencyerhielten von da an zudem eine individuelle Betreuung durch die als künstlerische Leitung eingesetzte Keramik-Künstlerin Danijela Pivašević-Tenner während ihres Aufenthalts. Diese neue personelle Kontinuität ermöglichte ebenso die Planung und Durchführung langfristiger Konzepte, unter anderem die folgenden insgesamt bislang drei Symposien.

Den Auftakt für die Reihe der international ausgerichtetem Keramiksymposien im Künstlerhaus Stadttöpferei Neumünster bildete 2010 eine intensive Auseinandersetzung von vier Künstlerinnen mit dem Thema Trans |formation. Wilma Bosland (Niederlande), Biljana Milenović Stojanović (Serbien), Orly Nezer (Israel) und Birgit Saupe (Deutschland) waren zuvor durch eine Jury ausgewählt worden und arbeiteten vom 30. August bis zum 19. September gemeinsam in den Atelierräumen im Fürsthof.

In ihren Werken finden sich Transformationen nicht nur in Bezug auf beispielsweise die Formgebung, sondern bilden ein breites Spektrum innerhalb der Kunst ab: vom Arbeitsprozess über einen konzeptuellen Zugang oder im Material selbst angelegt. Wilma Boslands Beitrag Performance ofPietà durchläuft drei Stadien, die sich als jeweils eigenständiges Werk lesen lassen: Ein klassisch gedrehter, ungebrannter Gefäßkörper wird durch Verformungen und Risse, die an Wunden erinnern, schließlich in der freien Natur platziert, wo sich das Material in letzter Konsequenz auflöst und wieder an seinen Ursprung zurückgeführt wird.

Biljana Milenović Stojanović verwandelte die von ihr hergestellten großen Tonfliesen durch das Einritzen von Symbolen in Zeichenträger. Die dann aneinander gelegten Platten fügen sich zu Landkarten-artigen Flächen, die zu Planzeichnungen von Orten werden, die voller Erinnerungen, Traumata und Träumen stecken.

Die israelische Künstlerin Orly Nezer nutze das Symposium, um sich mit dem Bedeutungswandel der Keramik und ihrer traditionellen Aufgaben zu beschäftigen. Die von ihr angefertigten ‚Vasen‘ entziehen sich aufgrund der fehlenden Öffnung einer Nutzung und betonen stattdessen ihren skulpturalen Aspekt, ebenso wie die gedrängte Platzierung auf einem Podest. Birgit Saupe verbindet in ihrer Installation keramische Stoffe, Papieroder Glasfasern sowie Laborutensilien unter einem konzeptionellen Ansatz. Es entsteht ein fiktiver Versuchsaufbau, in dem die assoziative Reinheit des verwendeten Porzellans in Form eines deformierten Lammkörpers umringt von kühlem Stahl einen besonderen Stellenwert einnimmt. Gemeinsam mit Danijela Pivašević-Tenner fand immer auch eine
Reflexion des Arbeitsprozesses und Austausch unter den Künstlerinnen statt. Erweitert wurde dieser durch die konsequente Einbeziehung der Öffentlichkeit über die Laufzeit des Symposiums hinweg.

Workshops, offene Atelierstunden und Vorträge boten die Möglichkeit, einen Einblick in das Geschehen zu bekommen, Fragen zu stellen und den Fortschritt der Arbeiten zu begleiten. Darüber hinaus wurde das Symposium von Studierenden des Kunsthistorischen Instituts der Christian-Albrechts-Universität begleitet. Viele Gesprächen zwischen den Künstlerinnen und den Studierenden bildeten die Grundlage für Werkanalysen, die in einem Katalog anlässlich der anschließenden Ausstellung im Kreuzstall auf Schloss Gottorf publiziert wurde.

Zielsetzungen dieses ersten Symposiums, dessen Dokumentation sowie der anschließenden Präsentation waren die Sichtbarmachung des Künstlerhauses Stadttöpferei und die Möglichkeit zur Vernetzung. In seiner Ausrichtung auf die künstlerische Produktion und die Bandbreite der künstlerischen Zugänge innerhalb der Keramikkunst bei gleichzeitigem Austausch unter den Teilnehmenden wurde das Konzept des Stipendiums und dessen Potential als intensiver und fokussierter Arbeitsaufenthalt sichtbar.