Mehr als die Summe der Teile: Von Materialexperimenten in der Kunst

Abstract Keynote | Dr. Susanne Schwertfeger

In der Verbindung von unterschiedlichen Werkstoffen liegt für Kunstschaffende eine besondere Problemstellung. Hier werden sowohl technisches Verständnis und handwerkliches Können als auch das Potential des Experiments zusammengeführt. Dabei kommt es oft zu überraschenden Ergebnissen, die auch das Publikum herausfordern. Denn jeder Werkstoff bringt nicht nur seine konkreten Eigenschaften durch z.B. die chemische Zusammensetzung und stoffliche Beschaffenheit mit, sondern auch die Tradition seiner Verwendung sowie eine individuelle Ästhetik und Ikonografie. Was passiert nun also, wenn überraschende Materialkombinationen auch diese Bedeutungsgehalte gegeneinanderstellen oder vermischen und dazu aufzufordern, Altbekanntes neu zu denken?

Materialität und deren soziale Implikationen haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, wie beispielsweise die noch junge Disziplin der MaterialCulture Studies zeigt. Ob in der Mode, dem Design, dem Bauwesen oder der Bildenden Kunst: Häufig führt die Strategie, Unterschiedliches – ob in Form oder Material – zusammenzuführen, zur Weiterentwicklung. Für die Bildenden Künste ist die Verbindung andersgearteter Stofflichkeit unter Berücksichtigung der performativen Prozesse sowie entsprechender ikonografischen Assoziationen seit der klassischen Moderne ein wichtiger Bestandteil des Ausdrucks. Dieser kann der Provokation dienen, wie die Objekte der Surrealisten zeigen, oder dem Protest, ablesbar in der Kunst der 68er. Der Vortrag untersucht, vor welchem theoretischen und (kunst-)historischen Hintergrund aktuelle Position von mixedmedia stattfinden und mit welchen unterschiedlichen Fragestellungen sich die Kunstschaffenden und die Betrachtenden konfrontiert sehen.

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Dr. Susanne Schwertfeger

Dozentin für Kunstgeschichte an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Sie promovierte zum niederländischen Trompel’oeil und arbeitet momentan an ihrem Habilitationsprojekt zur
Illustration der Gothic Novel.

Weitere Forschungsschwerpunkte sind die Malerei des 20. und 21. Jahrhunderts, Keramikkunst, Fotografie sowie Text-Bild-Relationen, z.B. im Comic.

Keynote von Dr. Susanne Schwertfeger im Museum Tuch + Technik während des 3. Internationalen Keramiksymposium Neumünster am 14. September 2019 (Fotos: Stefan Tenner)

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